Am 16. Juli 2011 fand in Dortmund auf Einladung des Landesjagdverbandes NRW ein Syposium zum Thema „Geocaching und Natur“ statt.
Wenn ein Landesverband der Jägerschaft zu einem solchen Symposium einlädt, dann lege ich drei Annahmen zu Grunde.
- Geocaching findet seit langem nicht mehr im verborgenen statt.
- Es gibt ein gesteigertes Interesse von Seiten der Jäger, sich fachlich mit dem Phänomen Geocaching auseinander zu setzen.
- Interessenskonflikte sind wahrscheinlich, jedoch sind die Beteiligten Institutionen bereit, an einer gute Lösung mitzuwirken.
Der Hype um Geocaching
Seit einigen Jahren ist das Aufkommen von Geocaches in Deutschland rasant angestiegen. Nicht nur urbane Flächen, sondern auch die freie Natur ist ein beliebtes Ziel für Geocacher, sowohl beim Suchen, wie auch beim Verstecken geworden.
Beispiele:
- 2005 wird ein beliebter Multi-Cache freigeschaltet. In den ersten 12 Monaten wird dieser von knapp 20 Cachern (Teams) aufgesucht. Bei der Archivierung des Caches 5 Jahre später wurde dieser Cache von über 350 Teams als gefunden geloggt.
- Ein Nachtcache wurde innerhalb von 16 Monaten über 1.300 mal !!! als „found“ geloggt. Sicherlich ein Highlight unter den Nachtcaches, aber ob diese Form des Cachens noch naturverträglich ist, darüber darf und muß man sich Gedanken machen.
- Erfahrungsgemäß werden solche Entwicklungen systemintern (also aus Sicht der Geocacher) eher als Hype wahrgenommen. Von außen hingegen, wird es eher als drastische Veränderung der gewohnten Vorgänge beschrieben. Daher ist es nur zu gut zu verstehen, dass die zunehmenden Aktivitäten von Geocachern, sofern sie von Nicht-Geocachern überhaupt als solche identifiziert werden können, als erhebliche Störung der bisherigen Ordnung wahrgenommen wird. Unterschiedliche Interessen bringen Konflikte mit sich. In einzelnen Fällen sind Geocacher bereits mit Jägern, Förstern, Naturschützern oder Vertretern anderer Interessensgruppen „zusammengeprallt“. Daher ist es umso bemerkenswerter, dass das erste große Symposium zwischen
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Jägern
- Vertretern von Natur- und Umweltschutz
- Förstern
- Geocachern
- Waldbesitzern
- Vertretern der Landwirtschaft
- Grundbesitzern
- … und weiteren Interessensgruppen
in einem wohlwollenden, geprächsbereiten und offenen Rahmen stattgefunden hat. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Initiatoren und Organisatoren des Symposiums.
Die Veranstaltung
Mit fachkundigen Referenten warb der Landesjagdverband NRW mittels Flyer für das Symposium. Die Teilnahme war kostenfrei und ca. 120 Personen aller Interessensgruppen (darunter ca. 15-20 Geocacher) folgten dieser Einladung. Das Grundanliegen der Veranstaltung wurde mit dem Motto „Nicht übereinander, sondern miteinander reden!“ vorgegeben. Das dies auch so umgesetzt wurde, ist einer professionellen Moderation (Matthias Bongard) zu verdanken, mindestens aber auch der guten Vorbereitung des Veranstalters und dem Bestreben aller Beteiligten geschuldet, an einer Plattform für den Dialog mitzubauen. Erste Früchte zeigten sich am Ende der 4-stündigen Veranstaltung, als sich mehrerer Gesprächsgruppen gebildet haben, und neue Kontakte geknüpft worden sind. Das anonyme Gegenüber hat auf beiden Seiten Namen und Gesichter bekommen.
Vorträge
Vier Referenten starteten in das Thema mit jeweils einem Impulsvortrag von ca. 15 min.
- Arno Kaminski (Deutsche Wanderjugend) führte in die technischen Möglichkeiten des Geocachings ein.
- Dietrich Graf von Nesselrode (Waldbesitzer) referierte aus Sicht eines Grundeigentümers und Waldbesitzers.
- Heiner Langhoff (NaturFreizeitverbund Niederrhein) vertrat die Interessen des Natur- und Umweltschutzes.
- Friedrich von Massow (Deutscher Jagdschutzverband) beleutete das Thema Geocaching aus der Perspektive der Jäger.
Die Vorträge werden evtl. nach Freigabe durch die Referenten bzw. des Landesjagdverbandes nachgeliefert.
Allen Referenten kann man ein ausgezeichnetes Fachwissen bestätigen. Was mich aber noch mehr beeindruckt hat, sind die hervorragenden Recherchen zum Thema Geocaching und das Hineindenken in die Sichtweise der Geocacher. Dies ist nicht als selbstverständlich anzusehen, bedenkt mann, dass die Interessen zum Teil weit auseinander driften. So wurd z.B. dringend davon abgeraten, einen Cachefund im eigenen „Revier“ zu entfernen, da es für Geocacher nicht nachzuvollziehen sei, wieso ein Behälter verschwunden ist. Ein fehlender Behälter würde bei nachfolgenden Cachern lediglich zu „unkontrolliertem Suchverhalten“ führen, da der Cache nicht als vermisst gemeldet wurde. Hingegen wurde dazu geraten über Foren oder die Geocaching-Plattformen in direkten Kontakt mit dem Cache-Owner zu treten. Oftmals kein einfaches Unterfangen, bedenkt man, dass die wenigsten Menschen über das Wissen von Foren und Plattformen verfügen.
Podiumsdiskussion
Nach einer Kaffeepause, in der schon angeregt miteinander gesprochen wurde, folgte die Podiumsdiskussion; Nicht üblich wie sonst mit langen Statements der Podiumsteilnehmern. Stattdessen forderte der Moderator gleich die Zuhörerschaft auf, sich der Mikrofone im Saal zu bedienen und Fragen zu stellen. Eine Wiedergabe aller Inhalte würde hier zu weit führen. Als Fazit läßt sich jedoch folgendes festhalten:
- Es gibt einen großen Bedarf und ein echtes Interesse an Austausch unter den verschiedenen Interessensgruppen.
- Niemand will uns das Spiel Geocaching in der Natur „vermiesen“.
- Geocacher sind für „die Anderen“ weitgehend eine anonyme Masse, da Geocacher in Deutschland bis heute nicht in Verbänden o.ä. organisiert sind. Dies erschwert die Kontaktaufnahme und Klärung bei Problemfällen.
- Auch Geocacher wissen oft nicht, an wen sie sich wenden müssen, da es sehr viele unterschiedliche Zuständigkeistbereiche gibt. (Forstamt, Naturschützer, Grundeigentümer … teilweise auch Bundeslandabhängig)
- Der größte Teil der Geocacher weiß sich in der Natur angemessen zu verhalten. Jedoch gibt es viele Menschen, denen ein naturverträgliches Verhalten fremd geworden ist. Ein Zwiespalt zwischen wünschenswerter Naturerfahrung insbesondere für Kinder und Jugendlichen und naturverträglicher Toleranz von Fehlverhalten. Hier könnten Konzepte für Umwelbildung zum tragen kommen.
- Geocachen beinhaltet Suchen und Verstecken. Schon beim Verstecken muß das Suchen mitbedacht werden. Auf Verstecke, die von vornherein problemlastig sind, sollte unbeding zu gunsten der Natur verzichtet werden.
- Schwarze Schafe gibt es überall, auch bei Geocachern! Hier muß die Geocaching-Community über neue Formen der Selbststeuerung nachdenken.
- Die richtige Dosis machts. Geocaches, die durch eine hohe Besucherzahl zu einer langfristigen Schädigung des Gleichgewichts der Fauna und Flora führen, müssen vermieden werden. (Stichwort „Ehrentafel“, „Field of Fame“ etc.) Niemand ist damit gedient, wenn auf Grund von zu hoher Frequentierung Regionen für Geocaching komplett gesperrt werden.
(ein Audiomitschnitt kann evtl. nach Freigabe durch den LJV NRW nachgeliefert werden)
Groundspeak / Geocaching.com
Es gab einige Befürchtungen bezüglich der Geocachingplattform Geocaching.com, wie z.B. dass sich der Betreiber im fernen Seattle nicht für die deutschen Gesetze interessiert. Auch dies wurde kurz thematisiert und dabei folgende beiden Punkte angesprochen.
1. Grundeigentum
Die Nutzungsregeln von Groundspeak sind eindeutig. In den Guidelines ist unter Punkt 1.3. zu lesen
- If your cache is reported by the land owner or land manager as being an unwanted intrusion, Groundspeak will respect their wishes, support their request and take action.
Auch wenn es für Geocacher schwer fällt, dies zu akzeptieren, ist auf Geocaching.com diese Regelung über dem „allgemeinen Betretungsrecht“ (§ 14 BWaldG) angesiedelt. Zwar schränkt dieser Wunsch nicht das Recht auf Betreten des Waldes als solches ein, aber es werden keine Geocaches in Bereichen freigeschaltet, in denen der Grundeigentümer dies nicht wünscht.
2. Naturschutzgebiete
Dies ähnelt der Regelung in Naturschutzgebieten. Da das Verslassen der Wege in Naturschutzgebieten nicht gestattet ist, können hier nur Geocaches am Weg versteckt werden. Aber auch hier gilt, wenn es Einspruch vom Grundeigentümer bzw. von der Naturschutzbehörde gibt, dürfen keine Geocaches versteckt werden. Die Reviewer greifen hierzu auf die Daten des Bundesamtes für Naturschutz zurück.
Es sollte im Interesse aller Geocacher sein, dass naturverträgliches Verhalten Vorrang vor jeder Cache-Idee hat.
Resumee zum Symposium
Selbstverständlich kann man von einem 4-stündigen Symposium keine fertigen Lösungen erwarten. Es war ein erstes „Beschnuppern“ und Kennenlernen. Akute Fälle konnten besprochen werden, Befürchtungen abgelegt und Ansprechpartner benannt werden. Gegen Ende der Veranstaltung war eine deutliche Entspannung zu spüren – bei allen Interessensvertretern.
Hielten sich die Gruppierungen in der Pause tendenziell noch im eigenen Kreise auf, so fand noch über eine Stunde nach der Veranstaltung ein informeller Austausch in gemischen Gruppen statt.
Wärend der Veranstaltung fiel des öfteren der Vergleich zu ähnlichen Phänomenen aus den vergangenen Jahrzehnten, wie z.B. dem Kanufahren, Mountainbiken oder dem Klettern. Hier wurde oftmals zu lange gewartet, bis die Interessensgruppen miteinander ins Gespräch kamen. Dies hatte langwierige Konflikte zur Folge. Bei diesem Symposium war man sich einige, dass man diesen Fehler aus der Vergangenheit bei Geocaching nicht wiederholen sollte.
Der erste Schritt ist getan. Die Brücke für den gemeinsamen Dialog steht! Jedoch muß sich erst im Laufe der Zeit beweisen, dass das aufeinander Zugehen von gegenseitigem Respekt getragen wird. Groundspeak steht inzwischen in gutem Kontakt zum Landesjagdverband NRW und wird der Einladung zur Fachmesse „Jagd und Hund 2012“ folgen. Ich wünsche dieser Kooperation ein gutes Gelingen.
Viele gute Beispiele in den Regionen
Es war meines Wissens die erste öffentliche Veranstaltung, die zu diesem Thema auf übergeordneter Ebene stattgefunden hat. Ich möchte jedoch auch benennen, dass bereits seit Jahren auf regionaler Ebene zahlreiche Treffen zwischen Geocachern und anderen Interessensgruppen stattgefunden haben. (Eine Auflistung findet sich im Menüpunkt: Liste – Dialoge regional) Daran wird ersichtlich, dass in manchen Cacherkreisen schon recht früh die Notwendigkeit einer Kooperation mit Behörden und Verbänden erkannt wurde. Ein großes Kompliment an diejenigen mit diesem weitsichtigen Blick gehandelt haben und ein großes Dankeschön an die zahlreichen Förster, Jäger und Naturschützer, die sich bereits auf den Weg des Dialoges mit Geocachern begeben haben.
Definition
Symposium (nach Jenall)
Ein Symposium wird als wissenschaftliche Tagung und Diskussionsveranstaltung zur Erörterung aktueller, oft interdisziplinärer Problembereiche oder zum Austausch von Forschungsergebnissen verschiedener Wissenschaftseinrichtungen […] veranstaltet.
Bilder: Ausschnitte aus dem Flyer zum Symposium „Geocaching und Natur“ 2011, Landesjagdverband NRW
Foto: M.Broscheid
[…] ein. Und dann zeigte er die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Jägern und Geocachern vom Dortmunder Symposium 2011 bis heute auf. Abschließend stand er für Fragen zur Verfügung und warb dafür, den Kontakt […]